Vorwort zu "Sex, Love, Cyberspace"
© 2003 Blitz-Verlag

 

Sex ist seit Menschengedenken die stärkste Triebfeder für unser Handeln. Zumal verbunden mit Lustgewinn, dient Sex nicht einfach nur der Fortpflanzung. Diese kann, und wird möglicherweise in baldiger Zukunft, bequemeren - und sichereren Methoden weichen. In vitro-Fertilisation, Pränatal-Diagnostik, Genmanipulation, künstliche Gebärmutter bis schließlich hin zum Klonen sind die Werkzeuge.

 

Bereits jetzt gebiert jede dritte Frau in den Vereinigten Staaten per Kaiserschnitt. Sind erst die technischen Möglichkeiten gegeben - und der ethische Aufschrei verklungen - wird die Frau auf die Mühsal des Austragens verzichten wollen. Und wird sie vor die Frage gestellt, ob sie durch Gentechnik ein gesundes, ein kluges, ein schönes Kind haben möchte, eines mit hervorragenden Eigenschaften, wer würde es ihr verargen, wenn sie nur das Beste für ihre Nachkommenschaft wünschte?

 

Was beim Sex überdauert, ist der Lustgewinn.

 

Künstlich induziert würden wir ihn ohne Ende haben wollen. Das berühmte Experiment, bereits vor Jahrzehnten durchgeführt, vom Affen, der mittels eingepflanzter Elektrode das Lustzentrum im Gehirn stimuliert, ohne jedes Interesse an Essen, Trinken und Schlafen, bis zum bitteren Ende, wenn man ihn nur ließe, ist uns allen noch in aufrüttelnder Erinnerung.

 

Heute stößt der Geschlechtsakt noch auf seine natürlichen Grenzen - auf physische wie psychische. Wer wollte diese Grenzen nicht überwinden? Zeige mir die Frau, die sich nicht nach dem wahren Orgasmus sehnt, nenne mir den Mann, der sich nicht unbegrenzte Kraft seiner Lenden wünscht ...

 

Tabus, echte und eingebildete, errichten Mauern zwischen den Geschlechtern, daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Aber ein Stück weit werden wir sie einreißen, wenn uns erst die fast grenzenlose Freiheit winkt: Diese heißt Cyberspace.

 

Wir sind drauf und dran, ihn zu errichten. Eine simulierte, elektronisch gesteuerte künstliche Welt, die sogenannte virtuelle Welt, die uns einlädt, in ihr zu leben. Mit der unwiderstehlichen Verlockung, alle unsere Fantasien Wirklichkeit werden zu lassen.

 

Für nicht eingeweihte Leser, mit der Materie der Science Fiction nicht vertraut, habe ich ein kleines Glossar am Ende des Buches angefügt. Es erläutert, was unter fremdartigen Begriffen aus dem Cyberspace zu verstehen ist.

 

Und was hat das Buch jetzt mit Liebe zu tun?

 

Alles in dieser Welt hat mit Liebe zu tun, was immer wir damit meinen. Mit Liebe füreinander oder für sich selbst. Ob echte, aufrichtige, eingebildete, enttäuschte, aufopfernde, zerstörerische - kein Adjektiv, das nicht davor gesetzt werden könnte.

 

Liebe sollte die wahre Triebfeder unseres Handelns sein.

 

Noch ein Tipp: Dies ist, wenn auch chronologisch angeordnet, kein Roman, den man in einem Stück lesen kann. Was schon bei einer Kurzgeschichtensammlung gilt, dass man, wenn man gerade erst aus einer fremdartigen Welt aufgetaucht ist, nicht gleich in die nächste völlig andere eintauchen kann, gilt hier doppelt. Lesen Sie eine Geschichte, lassen Sie diese ein bisschen auf sich einwirken, gewinnen Sie Abstand, bevor Sie die nächste lesen. So erfahren Sie immer wieder neue Aspekte des gleichen Themenkreises. Genuss statt Übersättigung!


Helmuth W. Mommers
2003, Mallorca/Spanien